Anleitung für die Tarnung 1941
Sonntag, 5. November 2023 by Christoph
Anleitung für die Tarnung 1941 (prov.) - Reglement Schweizer Armee
17. Einzelne Fahrzeuge sind auf dem Gefechtsfeld unter Ausnützung aller natürlichen und künstlichen Tarnmittel fortzubewegen. Ist man gezwungen, durch offenes Gelände zu fahren, so hält man sich an bestehende Geländelinien, wie Feldwege, Ackerränder usw. Helle, weitsichtbare Blachen sind zu entfernen oder mit Aesten und dergleichen zuzudecken. Grosse Strassen sind zu vermeiden. Müssen solche benützt werden, dann ist so zu fahren, dass der Schatten des Fahrzeuges nicht auf die helle Strasse geworfen wird. Werden feindliche Flieger erkannt, dann entziehen sich einzelne Fahrzeuge oder Reiter oft besser der Beobachtung, wenn sie rechtzeitig anhalten und bewegungslos verharren, als durch Flucht unter eine Maske. Dies gilt insbesondere im Gebirge (z. B. auf Weiden), wo Infanterie und selbst Artillerie im Gefecht sich oft nur durch die Bewegung verraten.
Stillstehende Fahrzeuge sind im Schatten oder unter Bäumen
und Einfahrten unterzubringen. Gegebenenfalls sind sie mit Tarnnetzen
zuzudecken. Windschutzscheiben von Motorfahrzeugen können auf grosse Entfernung
erkannt werden.
22. Eisenbahntransporte, Schiffstransporte und Transporte mit Motorlastwagen sind in der Regel bei Nacht auszuführen.
Bei Eisenbahntransporten ist die Beleuchtung der Stationen und der Bahnsignale auf das unumgänglich Notwendigste einzuschränken. Die Bereitstellung der Truppe zum Verlad hat unter Ausnützung sämtlicher Masken gegen Fliegersicht möglichst dezentralisiert zu erfolgen. Soll der Gegner über den Charakter des Transportes im Zweifel gelassen werden, so sind die beladenen offenen Güterwagen mit Blachen oder Tarnnetzen zu decken. Um die Fahrrichtung zu tarnen, wird die Lokomotive erst kurz vor der Abfahrt vorgehängt.
Die Bereitstellung von Motorlastwagenkolonnen und der Verlad auf diese hat dezentralisiert und in kleinen Gruppen zu erfolgen. Hierzu eignen sich in der Nähe der Marschstrasse gelegene Wälder. Die Aufstellung der Fahrzeuge soll keinen Anhaltspunkt für die Fahrrichtung geben. In gleicher Weise sind die Fahrzeuge bei Marschhalten gegen Fliegersicht zu tarnen. Zur Bereitstellung sind Ortschaften wenn immer möglich zu vermeiden, denn die einzelnen Lastwagen und die Bewegungen lassen sich hier nur ungenügend tarnen, und die durch einen Luftangriff entstandenen Zerstörungen können eine Weiterfahrt in Frage stellen.
Motorlastwagenkolonnen fahren in kleinen Paketen. Bei Fliegerangriff beschleunigen sie das Tempo und vergrössern die Abstände. Bei Nacht versuchen sie so rasch wie möglich aus dem Bereiche der Beleuchtungsmittel herauszukommen.
26. Tarnnetze sind keine eigentlichen Tarnmittel, sondern dienen dazu, andere Mittel der Tarnung zu tragen. Nach der Grösse der Tarnnetze werden zwei Modelle unterschieden:
a) Grösse 4 × 4m für Artillerie, mit:
- 16 grossen Kauschen
(Aluminiumringen) und ebensovielen Seilschlaufen am Umfang,
- 16 Holzkloben an ca. 50 cm langen Schnüren und zwischen den Kloben je 2 Bindeschnüre (Total 32 am Umfang) in der Länge von ca. 30 cm,
- 13 kleinen Kauschen (Aluminiumringen) an den Diagonal- und Querkreuzseilen verteilt,
- 8 Befestigungsseilen in der Länge von 4 m,
- 1 Netzsack zum Aufbewahren des Tarnnetzes
b) Grösse 2 × 2m für Infanterie und leichte Truppen, mit:
- 8 grossen Kauschen und
Seilschlaufen am Umfang,
- 8 Holzkloben an ca. 50 cm langen Schnüren und
- 8 Bindeschnüren,
- 5 kleinen Kauschen an den Diagonal- und Querkreuzseilen verteilt,
- 4 Befestigungsseilen in der Länge von 3 m,
- 1 Netzsack zum Aufbewahren des Tarnnetzes.
Die Maschenweite beträgt bei beiden Modellen 4 cm. Das ganze Geflecht ist grün gestrichen.
27. Die Art der Verwendung ist bei beiden Modellen im Prinzip die gleiche. Die Einzelteile dienen folgenden Zwecken:
- Maschen: Zum Einflechten von
Tarnmaterial.
- Kauschen: Zum Einstecken zugespitzter Pflöcke zum Stützen des Netzes.
- Seilschlaufen: Zum Anbringen der Befestigungsseile.
- Kloben und Bindeschnüre: Zum Zusammenbinden mehrerer Tarnnetze und zum Ausgleichen beim Spannen des Netzes.
- Befestigungsseile: Zum Spannen und zur Verankerung des Tarnnetzes an eingeschlagenen Pflöcken oder an Bäumen.
Die Art des Spannens der Tarnnetze richtet sich nach der Form des Umgeländes. Auf ebener Erde ist es straff und zur Vermeidung der Schattenbildung möglichst flach auszuspannen.
Der Rand des Netzes soll bis zur Erde reichen. Deshalb ist meist das Eingraben der zu tarnenden Waffe erforderlich.
Im durchschnittenen Gelände lassen sich die Formen des Umgeländes durch Unterstützen des Netzes mit verschieden hohen Pfählen, allenfalls auch durch das Erstellen eines Gerippes aus starken Drähten nachahmen. Das Tarnnetz darf die Bedienung der Waffe oder des Gerätes nicht behindern. Bei schweren Waffen und solchen mit Mündungsbremse ist es sehr stark zu verankern, nötigenfalls auch für das Schiessen teilweise oder ganz wegzuräumen.
28. Das auf dem Tarnnetz zu befestigende Material wird gewählt nach dem Charakter der Bodenbedeckungen des Umgeländes und nach der verfügbaren Zeit. Blosses Auflegen von geschnittenem Gras oder flaches Einflechten von Schilf und Aehnlichem schützt, sofern diese Mittel in der Farbe dem Umgelände angepasst sind, zwar vorübergehend einigermassen vor der Beobachtung von blossem Auge, nicht aber vor dem Entdecktwerden auf der Photographie. Die beste Tarnung wird erreicht, wenn je nach Umgelände Grasbüschel, Stauden oder Aehnliches aufrecht und derart in die Maschen eingeflochten werden, dass die gleiche Schattenbildung wie in der Natur erzielt wird und dass die Oberfläche des Netzes zu 40 bis 50 Prozent mit diesen Mitteln bedeckt ist. Anstelle von frischen Pflanzen, die rasch austrocknen, können auch am Schatten getrocknetes Sumpfgras, Raphia oder Bast, die zu Bündeln zusammengebunden und gefärbt wurden, Verwendung finden. Weil mit all diesen Mitteln meist keine genügend starke Schattenbildung erreicht werden kann, sind sie von vornherein dunkler zu halten als das Umgelände.
30. Der Helmüberzug soll in erster Linie den Reflex der Lichtstrahlen auf der glatten Oberfläche des Helmes verhindern. Die bunte kleinfleckige Tarnbemalung des Stoffes ist auf der einen Seite vorwiegend grün, auf der Rückseite überwiegend braun. Die Färbung allein gestattet aber noch kein vollständiges Anpassen an das Umgelände, weil die Umrisse des Helms auch auf grössere Entfernung zu erkennen sind. Zur Verwischung dieser Umrisse werden Gras oder Zweige in die eigens hierzu aufgenähten Schlaufen eingesteckt.
31. Wie die Heimüberzüge, so sind auch die Zelteinheiten mit einem kleinfleckigen Tarnanstrich versehen. Auf der einen Seite überwiegt das dunkle Grün, auf der andern das helle Braun. Je nach der Farbe des Umgeländes ist die eine oder die andere Seite vorteilhafter. Die Zelteinheit kann als Tarnmantel getragen werden. Sie verwischt einigermassen die Konturen des Mannes und gleicht sich der Farbe des Umgeländes besser an als die einheitlich feldgraue Uniform.
Zelte aus tarnbemalten Zelteinheiten können zwar der Beobachtung von blossem Auge entgehen, sie werden aber auf der Photographie als helle Flächen festgehalten. Es ist daher angezeigt, stets die dunkle Seite nach aussen zu kehren und die Flächen durch Auflegen von Aesten zu tarnen.
33. Buntanstrich tarnt nur gegen Beobachtung von blossem Auge. Die Photographie unterscheidet keine Farben; sie reagiert nur auf Hell und Dunkel. Der kleinfleckige Buntanstrich hat den Zweck, die Farben verschwimmen zu lassen. Die einzelnen Farbflecke sind regelmässig gross und die Farben wiederholen sich. Bereits auf kurze Beobachtungsdistanz bilden die verschiedenen Farben zusammen einen Mischton, der sich in die Farbe des Umgeländes einfügt. Dieser Anstrich eignet sich zur Tarnung kleinster Objekte, wie Helmüberzüge und Zelteinheiten. Der grossfleckige Buntanstrich soll die Form des Objektes zerreissen. Die einzelnen Farbflecke sollen unregelmässig geformt sein, vorzugsweise als schmale Streifen. Der Kontrast zwischen Hell und Dunkel muss möglichst gross sein. Die einzelnen Streifen, vor allem die hellen, sind über Kanten und Ecken hinaus fortzusetzen. Dieser Anstrich eignet sich zur Tarnung von Schutzschilden, Protzen, Geschützen. Für den Buntanstrich sind Farbenzusammenstellungen von Gelb, Dunkelgrün, Feldgrau und Rotbraun günstig.
34. Der einheitlich dunkle Anstrich (dunkelgrün oder schattenschwarz) hat den Zweck, grössere Objekte der Luftbeobachtung und möglichst auch der Photographie aus der Luft zu entziehen. Er dient für die Tarnung von Gebäuden, von Rollfeldern auf Flugplätzen und von Blachen der Motorfahrzeuge. Die Bemalung der Blachen von requirierten oder bundeseigenen Motorfahrzeugen darf nur mit Bewilligung des Kommandanten des Motorfahrzeugparks erfolgen. Dieser bestimmt auch, welche Mischung zu verwenden ist; denn je nach dem Farbstoff verliert die Blache sehr rasch ihre Wasserdichtigkeit und das Gewebe kann Schaden nehmen.