Anleitung für die Tarnung 1941 (prov.) - Reglement Schweizer Armee
17. Einzelne Fahrzeuge sind auf dem Gefechtsfeld unter
Ausnützung aller natürlichen und künstlichen Tarnmittel fortzubewegen. Ist man
gezwungen, durch offenes Gelände zu fahren, so hält man sich an bestehende
Geländelinien, wie Feldwege, Ackerränder usw. Helle, weitsichtbare Blachen sind
zu entfernen oder mit Aesten und dergleichen zuzudecken. Grosse Strassen sind
zu vermeiden. Müssen solche benützt werden, dann ist so zu fahren, dass der
Schatten des Fahrzeuges nicht auf die helle Strasse geworfen wird. Werden
feindliche Flieger erkannt, dann entziehen sich einzelne Fahrzeuge oder Reiter
oft besser der Beobachtung, wenn sie rechtzeitig anhalten und bewegungslos
verharren, als durch Flucht unter eine Maske. Dies gilt insbesondere im Gebirge
(z. B. auf Weiden), wo Infanterie und selbst Artillerie im Gefecht sich oft nur
durch die Bewegung verraten.
Stillstehende Fahrzeuge sind im Schatten oder unter Bäumen
und Einfahrten unterzubringen. Gegebenenfalls sind sie mit Tarnnetzen
zuzudecken. Windschutzscheiben von Motorfahrzeugen können auf grosse Entfernung
erkannt werden.
22. Eisenbahntransporte, Schiffstransporte und Transporte
mit Motorlastwagen sind in der Regel bei Nacht auszuführen.
Bei Eisenbahntransporten ist die Beleuchtung der Stationen
und der Bahnsignale auf das unumgänglich Notwendigste einzuschränken. Die
Bereitstellung der Truppe zum Verlad hat unter Ausnützung sämtlicher Masken
gegen Fliegersicht möglichst dezentralisiert zu erfolgen. Soll der Gegner über
den Charakter des Transportes im Zweifel gelassen werden, so sind die beladenen
offenen Güterwagen mit Blachen oder Tarnnetzen zu decken. Um die Fahrrichtung
zu tarnen, wird die Lokomotive erst kurz vor der Abfahrt vorgehängt.
Die Bereitstellung von Motorlastwagenkolonnen und der Verlad
auf diese hat dezentralisiert und in kleinen Gruppen zu erfolgen. Hierzu eignen
sich in der Nähe der Marschstrasse gelegene Wälder. Die Aufstellung der
Fahrzeuge soll keinen Anhaltspunkt für die Fahrrichtung geben. In gleicher
Weise sind die Fahrzeuge bei Marschhalten gegen Fliegersicht zu tarnen. Zur
Bereitstellung sind Ortschaften wenn immer möglich zu vermeiden, denn die
einzelnen Lastwagen und die Bewegungen lassen sich hier nur ungenügend tarnen, und
die durch einen Luftangriff entstandenen Zerstörungen können eine Weiterfahrt
in Frage stellen.
Motorlastwagenkolonnen fahren in kleinen Paketen. Bei
Fliegerangriff beschleunigen sie das Tempo und vergrössern die Abstände. Bei
Nacht versuchen sie so rasch wie möglich aus dem Bereiche der
Beleuchtungsmittel herauszukommen.
26. Tarnnetze sind keine eigentlichen Tarnmittel, sondern
dienen dazu, andere Mittel der Tarnung zu tragen. Nach der Grösse der Tarnnetze werden zwei Modelle
unterschieden:
a) Grösse 4 × 4m für Artillerie,
mit:
- 16 grossen Kauschen
(Aluminiumringen) und ebensovielen Seilschlaufen am Umfang,
- 16 Holzkloben an ca. 50 cm langen
Schnüren und zwischen den Kloben je 2 Bindeschnüre (Total 32 am Umfang) in der
Länge von ca. 30 cm,
-
13 kleinen Kauschen
(Aluminiumringen) an den Diagonal- und Querkreuzseilen verteilt,
-
8 Befestigungsseilen in der Länge
von 4 m,
-
1 Netzsack zum Aufbewahren des
Tarnnetzes
b) Grösse 2 × 2m für Infanterie
und leichte Truppen, mit:
- 8 grossen Kauschen und
Seilschlaufen am Umfang,
- 8 Holzkloben an ca. 50 cm langen
Schnüren und
-
8 Bindeschnüren,
-
5 kleinen Kauschen an den
Diagonal- und Querkreuzseilen verteilt,
-
4 Befestigungsseilen in der Länge
von 3 m,
-
1 Netzsack zum Aufbewahren des
Tarnnetzes.
Die Maschenweite beträgt bei beiden Modellen 4 cm. Das ganze
Geflecht ist grün gestrichen.
27. Die Art der Verwendung ist bei beiden Modellen im
Prinzip die gleiche. Die Einzelteile dienen folgenden Zwecken:
- Maschen: Zum Einflechten von
Tarnmaterial.
- Kauschen: Zum Einstecken
zugespitzter Pflöcke zum Stützen des Netzes.
-
Seilschlaufen: Zum Anbringen der
Befestigungsseile.
-
Kloben und Bindeschnüre: Zum Zusammenbinden
mehrerer Tarnnetze und zum Ausgleichen beim Spannen des Netzes.
-
Befestigungsseile: Zum Spannen und
zur Verankerung des Tarnnetzes an eingeschlagenen Pflöcken oder an Bäumen.
Die Art des Spannens der Tarnnetze richtet sich nach der
Form des Umgeländes. Auf ebener Erde ist es straff und zur Vermeidung der
Schattenbildung möglichst flach auszuspannen.
Der Rand des Netzes soll bis zur Erde reichen. Deshalb ist
meist das Eingraben der zu tarnenden Waffe erforderlich.
Im durchschnittenen Gelände lassen sich die Formen des
Umgeländes durch Unterstützen des Netzes mit verschieden hohen Pfählen,
allenfalls auch durch das Erstellen eines Gerippes aus starken Drähten
nachahmen. Das Tarnnetz darf die Bedienung der Waffe oder des Gerätes nicht
behindern. Bei schweren Waffen und solchen mit Mündungsbremse ist es sehr stark
zu verankern, nötigenfalls auch für das Schiessen teilweise oder ganz
wegzuräumen.
28. Das auf dem Tarnnetz zu befestigende Material wird
gewählt nach dem Charakter der Bodenbedeckungen des Umgeländes und nach der
verfügbaren Zeit. Blosses Auflegen von geschnittenem Gras oder flaches
Einflechten von Schilf und Aehnlichem schützt, sofern diese Mittel in der Farbe
dem Umgelände angepasst sind, zwar vorübergehend einigermassen vor der
Beobachtung von blossem Auge, nicht aber vor dem Entdecktwerden auf der
Photographie. Die beste Tarnung wird erreicht, wenn je nach Umgelände
Grasbüschel, Stauden oder Aehnliches aufrecht und derart in die Maschen
eingeflochten werden, dass die gleiche Schattenbildung wie in der Natur erzielt
wird und dass die Oberfläche des Netzes zu 40 bis 50 Prozent mit diesen Mitteln
bedeckt ist. Anstelle von frischen Pflanzen, die rasch austrocknen, können auch
am Schatten getrocknetes Sumpfgras, Raphia oder Bast, die zu Bündeln
zusammengebunden und gefärbt wurden, Verwendung finden. Weil mit all diesen
Mitteln meist keine genügend starke Schattenbildung erreicht werden kann, sind
sie von vornherein dunkler zu halten als das Umgelände.
30. Der Helmüberzug soll in erster Linie den Reflex der
Lichtstrahlen auf der glatten Oberfläche des Helmes verhindern. Die bunte
kleinfleckige Tarnbemalung des Stoffes ist auf der einen Seite vorwiegend grün,
auf der Rückseite überwiegend braun. Die Färbung allein gestattet aber noch
kein vollständiges Anpassen an das Umgelände, weil die Umrisse des Helms auch
auf grössere Entfernung zu erkennen sind. Zur Verwischung dieser Umrisse werden
Gras oder Zweige in die eigens hierzu aufgenähten Schlaufen eingesteckt.
31. Wie die Heimüberzüge, so sind auch die Zelteinheiten mit
einem kleinfleckigen Tarnanstrich versehen. Auf der einen Seite überwiegt das
dunkle Grün, auf der andern das helle Braun. Je nach der Farbe des Umgeländes
ist die eine oder die andere Seite vorteilhafter. Die Zelteinheit kann als
Tarnmantel getragen werden. Sie verwischt einigermassen die Konturen des Mannes
und gleicht sich der Farbe des Umgeländes besser an als die einheitlich
feldgraue Uniform.
Zelte aus tarnbemalten Zelteinheiten können zwar der
Beobachtung von blossem Auge entgehen, sie werden aber auf der Photographie als
helle Flächen festgehalten. Es ist daher angezeigt, stets die dunkle Seite nach
aussen zu kehren und die Flächen durch Auflegen von Aesten zu tarnen.
33. Buntanstrich tarnt nur gegen Beobachtung von blossem
Auge. Die Photographie unterscheidet keine Farben; sie reagiert nur auf Hell
und Dunkel. Der kleinfleckige Buntanstrich hat den Zweck, die Farben
verschwimmen zu lassen. Die einzelnen Farbflecke sind regelmässig gross und die
Farben wiederholen sich. Bereits auf kurze Beobachtungsdistanz bilden die
verschiedenen Farben zusammen einen Mischton, der sich in die Farbe des
Umgeländes einfügt. Dieser Anstrich eignet sich zur Tarnung kleinster Objekte, wie
Helmüberzüge und Zelteinheiten. Der grossfleckige Buntanstrich soll die Form
des Objektes zerreissen. Die einzelnen Farbflecke sollen unregelmässig geformt
sein, vorzugsweise als schmale Streifen. Der Kontrast zwischen Hell und Dunkel
muss möglichst gross sein. Die einzelnen Streifen, vor allem die hellen, sind
über Kanten und Ecken hinaus fortzusetzen. Dieser Anstrich eignet sich zur
Tarnung von Schutzschilden, Protzen, Geschützen. Für den Buntanstrich sind
Farbenzusammenstellungen von Gelb, Dunkelgrün, Feldgrau und Rotbraun günstig.
34. Der einheitlich dunkle Anstrich (dunkelgrün oder
schattenschwarz) hat den Zweck, grössere Objekte der Luftbeobachtung und
möglichst auch der Photographie aus der Luft zu entziehen. Er dient für die
Tarnung von Gebäuden, von Rollfeldern auf Flugplätzen und von Blachen der
Motorfahrzeuge. Die Bemalung der Blachen von requirierten oder bundeseigenen
Motorfahrzeugen darf nur mit Bewilligung des Kommandanten des
Motorfahrzeugparks erfolgen. Dieser bestimmt auch, welche Mischung zu verwenden
ist; denn je nach dem Farbstoff verliert die Blache sehr rasch ihre
Wasserdichtigkeit und das Gewebe kann Schaden nehmen.